Der letzte Tag im Jahr ist in Westhausen ein Gemeindefeiertag. Fahnen flattern im Wind an diesem sonnigen, trockenen Wintertag. Gegen die Mittagszeit vernimmt man Hufgeklapper im Ort und zahlreiche Wallfahrer und Besucher säumen die Straßen, um die um 12 Uhr zum Glockengeläut beginnende traditionellen Reiterprozession anzusehen. Es ist ein immer wieder kehrender Brauch, der seit 393 Jahren unzählige Reiter und Wallfahrer nach Westhausen führt.
Ursprung dieses Brauchtum war schlimme Viehseuche während des Dreißigjährigen Krieges. Von 1610 bis 1626 wütete in der Umgebung die rätselhafte Lungenfäule und brachte die Bevölkerung in große Not. Auf Veranlassung ihres Pfarrers Kaspar Schmid, gelobte deshalb die Gemeinde zu Ehren des Heiligen Papstes Silvester eine Kapelle zu bauen und jährlich mit den Pferden zur Silvesterkapelle zu reiten, wenn sie von der Heimsuchung befreit würden. Die Gebete wurden erhört, die Seuche hörte auf und das Gelöbnis wurde eingelöst.

Immer am 31. Dezember, dem Namenstag des Heiligen Silvesters, steht nun die nach ihm benannte Kapelle im Mittelpunkt des Geschehens. Die Reiterprozession, die zu Ehren des Pferdeheiligen und Schutzpatrons des Viehs in Westhausen abgehalten wird, zählt zu einer der ältesten unseres Landes.

Reitermesse

Bereits am Vorabend des Silvestertages wurde in der in Kerzenlicht getauchten Silvesterkapelle eine Reitermesse gefeiert, die Pfarrer Reiner und Urlaubsvertretung Pfarrer Alfredo Chimbinda aus Angola zelebrierte. Im Fackelzug waren die Abordnungen der Reitergruppen und Reitvereine mit Ministranten und Pfarrer vom Kirchplatz aus zur Wallfahrtskapelle gezogen. Nach dem eindrucksvollen Gottesdienst trafen sich die Reiter noch zu einem Umtrunk im Pfarrstadel, der von den Westhausener Reitern und ihren Angehörigen organisiert wurde.

Pilgermesse

Am Vormittag begann der Festtag mit einer Pilgermesse in der Silvesterkapelle. Der Dekan des Ostalbkreises, Robert Kloker aus Schwäbisch Gmünd, ist Ehrengast. Er zelebriert die Messe gemeinsam mit Pfarrer Matthias Reiner, Pfarrer i.R. Josef Höfler und Urlaubsvertretung Pfarrer Alfredo Chimbinda aus Angola. Das Silvesterlied beinhaltet das Versprechen der Vorfahren und dem Zeugnis, was Generationen Hoch zu Ross im Anschluss immer noch ablegen.

Prozessionsritt

Mit 234 Reitern zog anschließend die  beeindruckende Prozession durch den Ort zur Silvesterkapelle, die traditionsgemäß dreimal angeritten wurde. Zahlreiche Vereine und Reitergruppen aus der Region führten mit stattlichen Abordnungen diese alte Tradition fort und folgten damit dem Gelübde der Vorfahren. Pfarrer Matthias Reiner reihte sich zum neunten Mal in Folge hoch zu Ross in die Prozession ein, wo er von vier berittenen Ministrantinnen begleitet wurde. Ehrengast Dekan Robert Kloker nahm in der Kutsche der Familie Thomer aus Dettenroden zusammen mit Pfarrer i. R. Josef Höfler am Umritt teil. Mit dem Silvesterreliquiar segnete er an der Silvesterkapelle die Vorbeireitenden.

Segensfeier

Den Abschluss fand der festliche Prozessionsritt auf dem Rathausplatz. Bürgermeister Markus Knoblauch begrüßte Reiter, Pilger und die mitwirkenden Gruppen und Helfer. Dekan Kloker gab einen geistlichen Impuls zum Silvestertag und Jahreswechsel und erteilte Reitern wie den Pferden und den Pilgern den Segen mit dem Silvesterreliquiar.

Zuvor sprach Pfarrer Reiner an alle Beteiligten seinen Dank aus für das Engagement zur Erhaltung dieses ehrwürdigen Brauchtums. Landrat Klaus Pawel, der zum letztenmal in seiner dienstlichen Funktion an den Feierlichkeiten teilnahm, erhielt zum Dank an die alljährliche Teilnahme die Treumedaille und ein Fotobuch über den Silvesterritt.

Fotos: Erich und Joachim Hoffmann, Gerhard Steidle
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