Kirchenchor ist über 280 Jahre alt

Über die Geschichte des Westhausener Kirchenchores – ein Zeitungsartikel von Karin Müller aus dem Jahr 2010.

Ãœberraschende Zeugnisse aus dem Kirchenarchiv
Katholischer Kirchenchor Westhausen wird 275 Jahre alt

„Wie alt ist der katholische Kirchenchor von Westhausen?“ Diese Frage stellte Vorstand Kuno Ernst seinen Sängerinnen und Sängern am vergangenen Montagabend nach der Singstunde im Pacellihaus, zu dem er auch Prof. Dr. Hermann Ulrich vom Institut der Künste in Schwäbisch Gmünd eingeladen hatte. Gespannt waren die Chormitglieder, was sie an diesem Abend Neues über ihren Chor erfahren würden, zumal Ullrich in Westhausen kein Unbekannter ist. Hatte er doch von 1980 bis 1986 selbst den Kirchenchor geleitet. In seinem Vortrag erläuterte er zunächst die allgemeine geschichtliche Bedeutung der „Kirchen-Chöre“, dessen erste Zeugnisse auf zwei geschnitzten Elfenbeintafeln aus der Schweiz um das Jahr 900 n. Chr. festgehalten ist. Im zweiten Teil seiner Ausführungen bezog Ullrich seine Nachforschungen auf die „Chronik von Johann Baptist Happoldt“, der 1726 erstmals die so genannte Figuralmusik (mehrstimmiger Tonsatz der Kirchenmusik im Mittelalter) in der Silvesterkapelle bezeugt. Erste eindeutige Datierung eines Kirchenchores in Westhausen steht in Happoldts Band zwei anno 1734. Er erwähnte darin die erste gezielte Ausbildung nach Art der „schola cantorum“, die sieben namentlich genannte Chorschüler aus Westhausen erhielten. So bildeten Michael Kieninger, Baltas Traub, Ferdinand und Benedict Zeller, Bernhard Huetter, Baltas Leuttner und August Röttenmayer den Westhausener „Ur-Kirchenchor“ vor 275 Jahren, der damit einer der ältesten im Ostalbkreis ist. Es steht weiter geschrieben, dass die sieben Chorschüler in der Weihnachtszeit 1734 mit dem Lied „Es ist ein Ros entsprungen…“ singend durch die Gassen Westhausens gezogen sind. Ihr Chorleiter und damit der erste überhaupt war Happoldts Vater.

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(Erste eindeutige Datierung eines Kirchenchores in Westhausen steht in Happoldts Band zwei anno 1734)

„Ab 1736 konnte dann der Chor mit einer von Matthaeus Geiger aus Ellwangen gestifteten ersten Orgel üben. Sie kostete damals 50 Gulden“, berichtete Prof. Dr. Hermann Ullrich im dritten Vortragsteil. 1770 erhielt dann auch die Silvesterkapelle eine Orgel aus dem Nachlass von Stiftskapellmeister Johann Mauritius Schmid, der in Westhausen bei Johann Baptist Happoldt zur Schule gegangen war. „Schmid ist ein großer Komponist von liturgischer, Vokal- und Instrumentalmusik, sowie von Singspielen und Musik für die Passionsspiele von Schwäbisch Gmünd, die größenmäßig vergleichbar mit den Passionsspielen in Bayreuth sind. Schmid braucht sich nicht vor seinen Zeitgenossen Mozart und Bach verstecken“, faszinierte Ullrich die Zuhörer. Zum Abschluss dankte Chorvorsitzender Kuno Ernst dem Referenten für seine ausführlichen Recherchearbeiten. „Jetzt liegt es an uns, die 275 jährige Tradition mit unserem Chorgesang weiter zu erhalten.“

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(Erste eindeutige Datierung eines Kirchenchores in Westhausen steht in Happoldts Band zwei anno 1734. V. l. Chorleiter Peter Waldenmaier, Vorstand Kuno Ernst, Prof. Dr. Hermann Ulrich)

(Bilder: Karin Müller)