St. Gangolf in Röttingen

Die Pfarrkirche St. Gangolf ist ein Schmuckstück und vereint verschiedene Baustile in sich

Unsere Pfarrkirche

Die Kirche erhebt sich — zentral im Dorfkern gelegen — auf einer leichten Anhöhe inmitten des früher befestigten Friedhofs. Beherr­schend heben sich der eingezogene Chor und der im Norden ange­fügte mächtige Turm vom Kirchenschiff ab. Nach Westen schließt ein hoher, fast fensterloser Giebel aus Quadersteinen den Kirchenbau. Während das Kirchenschiff bis auf die schön profilierten Portale schlicht gestaltet ist (verputztes Bruchmauerwerk), zeichnen sich Chor und Turm durch sorgfältige Quaderung und prächtige Steinmetzarbeit aus. Als Baumaterial wurden Steine des braunen Jura verwendet, der um Röttingen vorkommt. Wie Zangenlöcher bestätigen, wurden die Steine mit Hilfe eines Krans versetzt. Die eisengeschmiedete Greif­zange ist — als eine von dreien in Deutschland (!) — erhalten. Der Chor ist zweijochig angelegt und gegen das Schiff einge­zogen. Vertikal ist der Chorbau durch schmale Strebepfeiler gegliedert. In den Wandfeldern befinden sich wohlproportionierte Fenster. Sie sind zweigeteilt und besitzen einfaches Maßwerk aus Kreissegment- und Kreisformen. Im Ge­wände sind Hohlkehlen. Die waagrechte Gliederung übernimmt ein in Höhe der Fensterbänke verlaufendes Gesims. Während das Mauerwerk durch betonte Glätte gekennzeichnet ist, sammelt sich an den Pfeilern Bauornamentik und plastischer Schmuck. Über dem er­wähnten Gesims erscheint im Norden und Osten liegendes Getier, an den südlichen Pfeilern die Büste einer jungen Frau, gepaart mit dem Tod, sowie ein Engel mit dem Wappen der Schenken, gepaart mit Veronika, die das Schweißtuch Christi hält. In der Mittelzone der Streben stehen sich schlanke gerahmte Felder gegenüber, die oben mit Rosen, Ranken und Astgeflecht gefüllt sind. Im oberen Teil trugen die Pfeiler Standfiguren. Sie standen auf Konsolen, von denen sich eine erhalten hat. Unter der Figurenzone jeweils Getier, das auf dem Wasserschlag liegt; darüber kunstvoll gefertigte Bal­dachindächer (stark verwittert).

Das barocke Deckengemälde im Kirchenschiff

Der im Norden beherrschend zwischen Chor und Schiff ge­rückte Turm ist in seinen drei Quadergeschossen als Wehrturm gebaut. Glattes, aus sorgsam behauenen Steinen gefügtes Mauer­werk und schmale Fensterschlitze kennzeichnen den Wehrbau. Schmückendes Ornament erscheint nur im Bogenfeld des östlichen Erdgeschoßfensters (Fischblasen). Erst oben wird der Schmuck reicher.

Die Pfarrkirche St. Gangolf in Röttingen in der Südansicht – erbaut im ausgehenden 15. Jahrhundert

Pfarrkirche St. Gangolf
Kapellenweg 6
73466 Lauchheim-Röttingen

Die Baugeschichte

Der Wunsch nach einer würdigen Grablege des Geschlechts, die Verschwägerung mit aufstrebenden Rittergeschlechtern des ostschwäbischen Raums, die Bedeutung der Pfarrei und ihre reichen Einkünfte sowie die steigende Verehrung des hl. Gangolf mögen die Schenken von Schenkenstein dazu gebracht haben, ein Gotteshaus zu bauen, das im Umkreis alle übertraf. Für den Neubau wurde die bestehende romanische Kirche teils abgerissen, teils für das neue Schiff verwendet. Reste der romanischen Anlage, u. a. drei Fenster, haben sich in der Südwand des Schiffs unter dem Putz erhalten. Die Planung begann wohl unter Albrecht Schenk von Schenkenstein, der zu dieser Zeit im baufreudigen Ellwangen Pfleger war. Albrecht Schenk scheint noch vor seinem Tod (1478) Hans Stiglitz und Leute von dessen Trupp für Röttingen verpflichtet zu haben. Das Schiff der Röttinger Kirche wurde also vor oder um 1480 von Hans Stiglitz von Miltenberg begonnen. Pfarrherr Albrecht Schenk leitete den Neubau allem Anschein nach in die Wege. Dass zwischen Ellwangen und Röttingen eine enge Verbindung bestand, verdeutlichen die drei Schenkenstein’schen Wappen im 1473 von Stiglitz erbauten Ostflügel des Kreuzgangs. Die eigentliche Bauzeit der Röttinger Kirche fällt in die 90er Jahre des 15. Jahrhunderts. Damals wurden Chor, Turm, und der Westteil des Schiffs mit Emporenhalle errichtet. Ob das übrige schon stand, ist ungewiss. Nach der Beschreibung des Oberamts Neresheim wurde der Turm 1499 vollendet. Die Ausstattung zog sich bis gegen 1516 hin. Diese Zahl fand sich 1962 rechts beim Chorbogen, als während der Renovierung Wandmalereien zum Vorschein kamen. Der Röttinger Kirchenbau geht auf Pläne zurück, wie sie in den großen Bauhütten der Gegend angefertigt wurden. Viele Kirchen des schwäbisch-fränkischen Gebiets besitzen einen ähnlichen Grundriss, wobei die Stellung des Turms variiert. Für die Gestaltung des Turms war der Turm von St. Georg in Nördlingen das große Vorbild, Von dort leiten sich die Galerie sowie die durchbrochenen Strebepfeiler am Oktogongeschoß her.

Das Wappen der Ritter von Schenkenstein – im spätgotischen Kreuzrippengewölbe unter der Empore, das den westlichen Abschluss der Kirche bildet

Linker Seitenaltar mit der Darstellung Mariens mit dem Jesuskind

Rechter Seitenaltar mit der Darstellung des Hl. Gangolf

Filigranes Barockelement an der Kanzel

Erste Veränderungen

Das Innere der Röttinger Kirche wurde 1769 im Geschmack der Zeit erneuert und. Wohl zu diesem Zeitpunkt erhielt der Turm seine mächtige, schöngeformte Zwiebelkuppel. Das Aufziehen eines neuen Geläuts gab vermutlich Anlass, in den Fenstern der Glockenstube das Maßwerk zu entfernen und die Öffnungen mit Brettern zu verschließen. 1724 kamen neue Glocken auf den Turm.

Renovation

Teilrenovationen fanden im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts statt. 1962 Gesamtrenovation des Inneren unter Pfarrer Herschlein. Neu: am Hochaltar Tabernakelaufbau und Aufbau über dem Gesims; an den Seitenaltären Strahlenkränze über dem Gesims. 1970 Außenrenovation des Schiffs (Süd- und Westwand). 1971 Erneuerung der Glockenstube und des Glockenstuhls, 1972 Renovierung der Nordwand des Schiffs.

(Auszüge aus der Chronik der Pfarrei Röttingen von Elmar D. Schmid. Literaturverzeichnis und Quellenangaben für die komplette Chronik sind beim Webmaster zu erfragen. Vervielfältigung – auch in Auszügen – nur durch Genehmigung des Autors. Für evtl. Copyrightsverletzungen in der Chronik sind die Seelsorgeeinheit und der Webmaster nicht verantwortlich.)

Der Hochaltar mit einer Figur des Hl. Gangolf und dem erst im 20. Jahrhundert hinzugefügten Tabernakelaufbau